Seitenhiebe

31.5.07

Bundesagentur lügt

"Die offiziellen Arbeitsmarktdaten der vergangenen Monate waren falsch. Knapp 40.000 Arbeitslose sind nicht in die Statistik eingeflossen" meldet Spiegel Online. Die Damen und Herren Redakteure könnten gelegtlich einmal ins Manager Magazin schauen. Dann wüßten sie, dass tatsächlich nur jeder zweite Arbeitslose Eingang in die monatliche Statistik findet. Demnach fehlen in der offiziellen Statistik ca. 3,2 Mio. Arbeitslose. Gut 80 mal mehr, als nun vom Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, zugestanden.

30.5.07

Heiligendamm abgeriegelt

Die Polizei hat am Morgen zum Schutz des G-8-Gipfels die letzte verbliebene Lücke im millionenschweren Sicherheitswall um den Tagungsort geschlossen. Wer ins Ostseebad will, muss ab sofort eine der beiden Kontrollstellen passieren.

Quelle: SpOn

Der Parteienstaat von CDUCSUFDPSPDGRÜNE zeigt mit einer beispielosen Aktion sein hässlichstes Gesicht. Schon die Anlagen um den Tagungsort der G8-Staaten erinnern fatal an den Todestreifen der DDR. Auf dem sogenannten Gipfeltreffen wird, das deutet sich an, nichts beschlossen, was den Menschen hier und anderswo nützen wird. Schon von daher ist diese aufgeplusterte und öde Veranstaltung völlig entbehrlich. Von den absurd hohen Kosten ganz zu schweigen. Der legitime Protest von Gipfel-Gegnern wird im Vorfeld kriminalisiert, was die Undemokraten aller Parteien allerdings nicht einmal mehr als Kollateralschaden betrachten. Schließlich wollen sie längst mehr als nur gelegentlichen Ausnahmezustand. Der Vorschlag von Hans Magnus Enzensberger, die hohen Herrschaften mögen sich doch eine oder mehrere einsame Inseln in der Karibik für künftige Gipfeltreffen ausbauen, ist daher erwägenswert. Auch Ex-Finanzminster Waigel glaubt, dass nichts anderes übrig bleibt, als diese Gipfel dorthin zu verlegen, wo keine Demonstrationen möglich sind: "Denn niemand kann sich auf Dauer diese Gegenstimmung leisten." Richtig! Es würde zudem eine Menge Geld sparen.

23.5.07

Hirsch: 'Krieg gegen den Terror' wird benutzt

Den Menschen wird vorgegaukelt, ohne neue Gesetze würden wir in einer Welle von Kriminalität ertrinken. Das entbehrt jeder realistischen Grundlage. Mich hat wirklich verblüfft, als Innenminister Otto Schily bei der Verhandlung über das Luftsicherheitsgesetz vor dem Bundesverfassungsgericht erklärt hat, seiner Meinung nach werde es schon deshalb nicht zur Anwendung kommen, weil Deutschland so dicht besiedelt sei. Auf die Frage, warum das Gesetz dann nötig sei, wusste er keine befriedigende Antwort. Das ist blinder Aktionismus.

Burkhard Hirsch im Interview mit der Süddeutschen Zeitung

22.5.07

G 8 braucht GG 8 - Recht auf Versammlungsfreiheit

Ein braver Bürger hält das Maul; er schreit nicht, protestiert nicht, wird der Politik nicht lästig: Entgegen anderslautenden Festreden an den Verfassungstagen sieht das auch die Regierungspolitik von heute so. Indes: In den kurzen Zeiten der deutschen Geschichte, in denen Bürgerinnen und Bürger nicht brav waren, haben sie Werke geschaffen, die mehr wert sind, als alle Bravheiten: 1848 die erste demokratische Verfassung, 1988/89 die Wiedervereinigung.

Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung

15.5.07

SPD ignoriert die Realität

Die handelnden Personen haben grenzenlose Angst vor einer Analyse des eigenen Tuns. Das würde nämlich einen Zielkonflikt offenbaren: einerseits, dass die SPD Wahlversprechen, für die sie 1998 und 2002 gewählt wurde, gebrochen hat. Andererseits die daraus erwachsenen Konsequenzen. Überspitzt ausgedrückt: Der Konkursrichter müsste kommen. Da das nicht infrage kommt , regiert das Prinzip Hoffnung nach dem Motto: "Augen zu und durch".

Rudolf Dreßler, Sozialexperte der SPD, der angeblich mit einem Wechsel zur Linkspartei liebäugelt (ND), in einem Interview des Abendblattes zum Wahlergebnis in Bremen. Die Parteiführung neigt aktuell noch zu ignorieren und durchregieren. Es bleibt abzuwarten, wie lange sich das durchhalten läßt. Mit den Grünen verfuhr man bekanntlich ähnlich. Am Ende hartnäckiger Realitätsverweigerung stand die rot-grüne Koalition auf Bundesebene.

14.5.07

Augen zu und durch

Bei den Landtagswahlen in Bremen erhielten SPD und CDU, seit 12 Jahren in einer großen Koalition verbunden, die Quittung und verloren zusammen fast 10%. Die Wahlbeteiligung lag nur noch bei 58,2%. Die Bremer Sozialdemokraten erzielten mit 36,8% ihr zweitschlechtestes Wahlergebnis. Die Grünen konnte ihren Stimmanteil auf 16,4% steigern; de Linkspartei erzielte 8,4%, die FDP 5,9%. Ungeachtet der Verluste erklärten der Erste Bürgermeister Jens Böhrnsen und der SPD-Vorsitzende Kurt Beck die SPD zum "Sieger" der Wahl. Richtig ist davon nur, dass die SPD in der Bürgerschaft weiterhin die stärkste Fraktion bilden wird. Wie man aber die deutliche Ohrfeige des Souveräns als Auftrag zur Fortsetzung der bisherigen Politik verstehen kann, wird wohl das Geheimnis der SPD-Führung bleiben. Bei der SPD ersetzt Selbstbetrug schon längst Politik. "Augen zu und durch" ist die Devise. Am Ende des Tunnels könnte es allerdings rabenschwarz aussehen.

6.5.07

Altersarmut vorprogrammiert

Erwerbsfähige ALG-II-Bezieher haben "alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit" auszuschöpfen. Sie haben in eigener Verantwortung alle Wege zu nutzen, "ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten". ALG-II-Leistungen werden also nur gewährt, "soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden kann". Dieses Prinzip der Nachrangigkeit gilt besonders auch gegenüber anderen Leistungen wie zum Beispiel der Rente.

Ingo Schäfer im Freitag zu Zwangsverrentung und Armutsrisiken im Alter als Folge der Hartz-IV-Gesetzgebung und der Anhebung des Rentenalters.

Aufschwung ohne Hartz-Empfänger

Während die Kennziffer von 3,9 Millionen Arbeitslosen die Runde macht, beziehen 6,291 Millionen Menschen Arbeitslosengeld; während die Kennziffer im Vergleich zum Vorjahr um über 820.000 fiel, ging die der Leistungsbezieher nur um rund 447.000 zurück. Wie kann das sein? ...
"Von denen, die Arbeitslosengeld I oder II beziehen, registriert die Bundesagentur nur 54 Prozent als arbeitslos", erklärt Paul M. Schröder, Arbeitsmarktexperte am Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe.

Das Manager Magazin zur Manipulation der offiziellen Arbeitslosenstatistik.

3.5.07

Verfälschte Statistik

Fast Jahr für Jahr wird die Statistik der Bundesagentur für Arbeit brutaler gefälscht. Nach Meinung der Gewerkschaften gibt es derzeit etwa sieben Millionen, nach Meinung einiger Experten bis zu zehn Millionen Arbeitsuchende in diesem Land. Die Offiziellen selbst räumen ein: 1,4 Millionen Menschen werden nicht gezählt, weil sie in »arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen« stecken, viele über 58jährige und alle Ein-Euro-Jobber fallen aus der monatlichen Propagandashow von Nürnberg.

Gestern war es wieder soweit: die amtliche Arbeitslosenstatistik wurde präsentiert. Der zuständige Minister und die Mitglieder der Großkoalitionäre in Berlin brechen pflichtschuldig in Jubel aus und beschwören den Aufschwung. Was gibt es eigentlich zu feiern? 4 Mio. offizell gezählte und noch einmal ebenso etwa viele von der Statistik ignorierte Arbeitssuchende? Das steigende Heer der ALG-II-Empfänger und derjenigen, die von ihrem Lohn allein nicht leben können und auf staatliche Zuschüsse angewiesen sind? 1,95 Mio. sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, die zusätzlich einen geringfügig entlohnten Nebenjob ausüben? Eine starke Exportwirtschaft, deren Erfolge am Arbeitsmarkt nicht spürbar sind? Eine merkwürdige Wahrnehmung von Politik, Medien und den sogenannten Wirtschaftsweisen und anderen Auguren.
Junge Welt