Seitenhiebe

30.6.06

Jubel über den Arbeitsmarkt

Die Bundesagentur (BA) jubelt über die gesunkenen Arbeitslosenzahlen und fast alle Medien jubeln mit. Dabei gibt es dazu keinen Anlaß. Zwar ist die Zahl der Arbeitslosen im Juni 2006 im Vergleich zum Vorjahr um 383.000 zurückgegangen, aber

  • die Zahl der geringfügig Entlohnten unterhalb der Sozialversicherungsgrenze hat um 254.000 zugenommen
  • die Zahl der in 1-Euro-Jobs Beschäftigten stieg um 127.000
  • die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten blieb praktisch unverändert
  • die Zahl der Langzeitarbeitslosen liegt immer noch um fast 10 % über der des Vorjahres
  • die Zahl der Arbeitslosen von 50 Jahren und älter sinkt wesentlich weniger als die der übrigen Arbeitslosen
  • krank gemeldete Arbeitslose werden seit Mai 2006 erstmals flächendeckend nicht mehr als "arbeitslos", sondern als "arbeitssuchend" geführt. Durch diesen Trick entfallen ca. 23.000 Arbeitslose.
Wahrlich kein Grund für Jubelarien.

29.6.06

Hunde kosten mehr, als Hartz-IV-Empfänger erhalten

Aus dem Hamburger Abendblatt: 345 Euro erhält ein Arbeitslosengeld-II-Empfänger monatlich. Der Hamburger Tierschutzverein dagegen benötigt 19 Euro pro Tag, also 570 Euro im Monat, um einen von der Stadt sichergestellten Hund zu versorgen.

Passt ins Bild

Artikel 19 Abs. 4 GG müsste in Zukunft so gelesen werden: "Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen - sofern er ihn sich leisten kann."

Die Berliner Zeitung zum Plan, für Klagen vor den Sozialgerichten Gebühren zu kassieren. Wer sich künftig gegen Fehlentscheidungen z. B. beim ALG II wehren will, muss erst 75 Euro überweisen, andernfalls bleiben die Akten geschlossen. Das wird bei Leistungskürzungen und angesichts von 345 EUR monatlich praktisch aussichtslos. So geht der soziale Rechtsstaat perdu.

26.6.06

Sachverständigenrat fordert Kürzungen bei Hartz IV

Nach Informationen des Tagesspiegels wird der Sachverständigenrat, die sogenannten Fünf Weisen, der Regierung vorschlagen das Arbeitslosengeld II für Teilnehmer an einem Kombilohn-Modell unter den Regelsatz von 345 Euro im Monat zu senken.

15.6.06

CSU-Politiker fordert 'Reichsarbeitsdienst'

Stefan Müller (CSU), arbeitsmarktpolitischer Obmann der Unionsfraktion im Bundestag, fordert allen Ernstes einen bundesweiten "Gemeinschaftsdienst für Langzeitarbeitslose". Der Politiker sagte u. a., wer sich jeden Morgen zu gemeinnütziger Arbeit melden müsse, werde sich wohl überlegen, ob er ohne Not "Hartz IV" beantrage. Ohne Not? Anstatt die Voraussetzungen für Arbeit und menschenwürdiges Leben zu schaffen konzentriert sich dieser verbale Amokläufer auf Tritte nach unten.

12.6.06

Hartz IV Kosten spiegeln die Realität der Bedürftigkeit

Die hohen Hartz-IV-Kosten zeigen nur, wie viele Arme es in Deutschland gibt. Missbrauchsdebatten und das Gefasel vom angeblich massenhaften Mißbrauch lenken nur vom eigenmtlichen Versagen ab. Durch Umverteilung zu Gunsten der Vermögenden und durch weitere Kürzungen bei den Sozialkosten werden keine Arbeitsplätze geschaffen. Überall erhalten Geringverdiener ergänzende Leistungen aus dem Arbeitslosengeld-II-Topf, weil sie von ihrem Einkommen allein nicht leben können. Von den "Parasiten", die Ex-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement als Ursache nannte, fehlt dagegen nahezu jede Spur. Die Frankfurter Rundschau zum Dauerthema.

Die Arbeitnehmer sind die Dummen

Die Steuerpolitik der großen Parteien ist widersprüchlich, fast schon chaotisch. Und die Verlierer vollmundig angekündigter Reformen, die von der Bierdeckelrhtorik des Wahlkampfes Meilen entfernt ist, sind in jedem Fall die Arbeitnehmer. Auf der Gewinnerseite: Spitzenverdiener, Kapitaleinkommensbezieher und Vermögende. Ein Arbeitnehmer kann sich der Finanzierung des Staates nicht entziehen. Der Fiskus kriegt ihn im Lohnbüro, an der Ladenkasse, bei Abgaben. Der STERN zu den Zumutungen deutscher Steuergesetzgebung.

8.6.06

Ein-Euro-Jobs vernichten Arbeitsplätze

Überall in Deutschland werkeln Arbeitslose in kommunalen Wirtschaftsbetrieben und Altenheimküchen. Sie wickeln und füttern Kleinkinder in Kitas, sie streichen Schultoiletten, sie putzen in Krankenhäusern. Sie trennen Müll in Recyclinghöfen, begleiten Behinderte zum Einkaufsbummel, renovieren Baudenkmäler und gehen in Altenheimen den Pflegerinnen zur Hand.

Dass die ca. 630.000 Ein-Euro-Jobber durch ihre Tätigkeit eine Chance auf Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt erhalten, so das angebliche Ziel, darf getrost bezweifelt werden. Mit den Ein-Euro-Jobs hat der Gesetzgeber aber ein höchst attraktives Angebot von günstigen Arbeitskräften geschaffen. Und das wird genutzt; vor allem von kommunalen und gemeinnützigen Arbeitgebern. Anders als die Mitarbeiter aus Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen kostet der Ein-Euro-Jobber seinen Arbeitgeber nämlich schlicht und einfach gar nichts. Im Gegenteil, er erhält noch Geld dazu. Man sollte sich aber nicht täuschen: die Arbeitgeber bürgen nicht dafür, dass die Langzeitarbeitslosen dem Gesetz und der Vorgabe entsprechend eingesetzt werden. So kommt der Bundesrechnungshof zu brisanten Ergebnissen:

Die Arbeitslosen werden für Tätigkeiten eingesetzt, die nicht im öffentlichen Interesse, nicht zusätzlich oder nicht wettbewerbsneutral sind. Bei weiteren 50 Prozent der untersuchten Fälle konnte erst gar nicht geprüft werden, ob die Stellen dem Gesetz entsprechen: Die Vermittler hätten keine verlässlichen Kenntnisse gehabt, was ihre Arbeitslosen in diesen Ein-Euro-Jobs überhaupt tun.

Dass Ein-Euro-Jobs Arbeitsplätze vernichten, ist keine neue Erkenntnis. Die Zeit beschreibt die wesentlichen Gründe.

5.6.06

BA: Kaum Missbrauch beim ALG II

Obwohl mit großem Getöse der Politik und Unternehmerverbände das angeblich massenhafte Problem zu Unrecht bezogenen Arbeitslosengeld II hochgekocht wird, ist die Zahl der Mißbrauchsfälle offenbar tatsächlich relativ niedrig. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) teilt mit, dass nach belastbaren Zahlen lediglich 26 Millionen Euro an Leistungen zu Unrecht ausgezahlt worden seien. Allenfalls 5 % der Langzeitarbeitslosen hätten ALG II zu Unrecht erhalten. Dem gegenüber faselt der gut versorgte Ex-Superminister Clement bei der Dummschwätzerin Christiansen von einer Missbrauchsquote von 25% und mehr. Belege: Fehlanzeige. Derweil meldet die TAZ, dass der BA ein Überschuß von 4,5-6 Milliarden Euro ins Haus steht.

3.6.06

Dreister Griff in die Kasse

Kurz nachdem sich die Abgeordneten in Kiel die Taschen gefüllt haben und der Landtag in Schleswig-Holstein deutlich teurer wird, langen nun die Abgeordneten des Bundestages ungeniert zu. Die Abgeordneten und Fraktionen des Bundestags haben sich ebenfalls zusätzliche Mittel bewilligt. Die Mitarbeiterpauschale für die 614 Abgeordneten wird von bisher monatlich 10.660 Euro um 3.000 Euro angehoben. Die Zuschüsse für die Fraktionen werden von 61,2 auf 67,6 Millionen Euro im Jahr erhöht.

Angesichts der Kürzungen und Zumutungen für die Mehrzahl der Bürger eine ziemlich dreiste Aktion.