Seitenhiebe

7.4.08

Hochmoralische Haltung

Glaubt man dem Artikel eines gewissen Michael Jürgs im Hamburger Abendblatt, so ist der Schuldige für den Niedergang der Sozialdemokratie endlich gefunden: Andrea Ypsilanti.

Ginge es nur um eine moralische Haltung, dann hätte sich Andrea Ypsilanti für ihren als Taktik verkauften Wortbruch vor dem Parteirat verantworten müssen, weil sie mit ihrem Verhalten der SPD geschadet und die Traditionen der Sozialdemokratie nicht nur verraten hat, sondern auch noch schuld daran ist, dass die bei den Wahlen 2009 keinen Fuß auf den Boden bekommen - denn Lügen haben nun mal kurze Beine.


Wäre dass zitierte Sprichwort wahr, die deutsche Sozialdemokratie müsste auf Stummelbeinen umherwandern. Kaum war der Wahlkampf gegen die Merkelsteuer von 2% gelaufen, präsentierte uns die Partei des Herrn Jürgs 3%. Und der Arbeitsminister Müntefering beklagte sich trotz dieser Dreistigkeit noch, dass man die Arbeit der SPD auch an den Wahlversprechen messen wollte.

Zu den Traditionalisten der Sozialdemokratie, die Herr Jürgs so toll findet, gehört unter anderem der Ex-Minister Wolfgang Clement, der vor der Stimmabgabe für die eigene Partei warnt. Diejenigen, Herr Jürgs, die Schuld sind am Niedergang der Sozialdemokratie in Deutschland, haben Namen. Sie heissen Gerhard Schröder, der mit dem lupenreinen Demokraten Putin kuschelt, Otto Schily, Hans Eichel, Wolfgang Clement und Franz Müntefering, um nur einige bekennende Anhänger der Agenda Politik und des Sozialabbaus unter der Führung der SPD zu nennen. Gegen diese Parteimitglieder aufzustehen hätte vielen Sozialdemokraten im Bundestag und anderswo sehr viel besser angestanden, als die kleinlichen Bedenken der Darmstädterin Dagmar Metzger, die der eigenen Kandidatin in den Rücken fällt. Dabei sagt Frau Metzger das immerhin noch öffentlich. Eine der von Herrn Jürgs so geschätzten Traditionen der SPD besteht nämlich unter anderem darin, die eigenen Leute hinterrücks zu meucheln, wie man am Fall Heide Simonis ganz wunderbar beobachten konnte.

Worin die politische Alternative konservativer Sozialdemokraten besteht, wird ja überall deutlich: entweder gewinnt die CDU direkt und haushoch, oder sie regiert auch mit Minderheiten weiter, weil sich die SPD nicht auf andere Bündnisse einlassen, sie nicht einmal in Erwägung ziehen und prüfen will. Heh, ihr Leute da drüben: Es ist ganz egal, wer von der SPD dem Seeheimer Kreis und den sogenannten Netzwerkern als Kanzlerkandidat genehm ist. Der bekommt 2009 mit viel Glück höchstens 30 Prozent, wahrscheinlich viel weniger, und wird niemals Kanzler werden.

Dagegen hat die CDU genügend Optionen die nächste Bundesregierung zu stellen. Die CDU würde, ganz pragmatisch, sogar mit der Linkspartei koalieren, wenn es dem Machterhalt dienlich ist. Wetten?

20.3.08

Linke Mehrheiten

Die oft beschworene "linke Mehrheit" im Bundestag und anderen Parlamenten ergibt sich nur dann, wenn man die SPD als linke Partei einstuft. Ich halte diese Einschätzung angesichts der realen Politik der SPD für falsch. Es mag in den unteren Gliederungen der Partei noch linke Rituale, ggf. sogar entsprechende Überzeugungen geben. Linke Politik steht aber sicher nicht auf der Agenda der Mehrheit der gewählten Politiker, die auf dem SPD-Ticket in die Parlamente kommen. Wie sich verhält, wer dennoch eine gewisse linke Attitüde pflegt, kann man wunderbar am Abstimmungsverhalten zur Vorratsdatenspeicherung verfolgen. 26 Abgeordnete der SPD entblödeten sich nicht, dem Gesetz mit “starken Bauchschmerzen” und der Hoffnung, das BVerfG werde das Gesetz schon kippen, zuzustimmen. Das soll "linke Politik" sein? Da ist mit ein verbohrter, aber letzlich konsistent handelnder und damit berechenbarer CSU-Rechter schon lieber. Nicht, dass ich den wählen würde, aber bei der "linken SPD" bekomme ich inzwischen nur noch das Würgen.

7.10.07

Längere Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld I?

Kurt Beck, als Chef der SPD eher unauffällig, um nicht zu sagen unbekannt. sorgt sich um die Wahlchancen seiner Partei. Der fehlt es nach dem sozialen Kahlschlag der Kanzlerschaft Schröder an sozialer Kompetenz. Die und die Wähler wieder zu gewinnen wählte Beck ausgerechnet die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes zum Thema, die er für ältere Arbeitnehmer zu verlängern trachtet. Pech nur, dass kaum ein Wähler der SPD diese Kurskorektur abnehmen will. Die dummen Sprüche zu den angeblich nicht zu finanzierenden Kosten, die von den üblichen Verdächtigen bis hin zu Kommenatoren der ARD sogleich in die Diskussion geworfen wurden, kann man dagegen praktisch vernachlässigen. An denen ist einzig interessant, dass solche Bedenken nie geäußert werden, wenn es um massive Steuersenkungen zu Gunsten der Unternehmen geht.

Nachdem Becks Vorschlag inzwischen breitere Unterstützung innerhalb der SPD erfährt, erfasst die Diskusion nun auch die CDU. Der Streit könnte übrigens von unerwartete Seite beendet werden. Ein Richter am Berliner Sozialgericht hält die Regelung, nach der älteren Erwerbslosen die Bezugsdauer für das Arbeitslosengeld drastisch gekürzt wurde, schlicht für verfassungswidrig (siehe Bericht bei SpOn). Das Gericht betonte, dass das Arbeitslosengeld I, im Gegensatz zum Arbeitslosengeld II, eine mit eigenen Beiträgen erworbene Versicherungsleistung ist, dir durch das Grundrecht auf Eigentum geschützt sei.

17.8.07

Bis hierhin ging es gut

Seit Tagen führt die US-Immobilienkrise zu großer Unsicherheit der Finanzmärkte. Die Bundesregierung will die Situation nun offenbar gesundbeten. Finanzminister Steinbrück erklärte heute trotz Kurssturzes in Asien, es gebe keinen Grund zur Nervosität. Schließlich seien die wirtschaftlichen Aussichten für 2008 nach wie vor gut. Dies erinnert mich spontan an den Witz, in dem ein Mann vom Hochhaus fällt. "Bis hierhin ging es ganz gut!" sagte er, als er an der ersten Etage vorbei kam.

Manager langen hin

Deutschlands Top-Manager haben mit kräftigen Erhöhungen ihre ohnehin schon großzügigen Gehälter 2006 nochmals kräftig erhöht. Im Schnitt verdienten die Chefs der 30 größten deutschen Unternehmen 2006 rund 3,4 Millionen Euro und damit sieben Prozent mehr als im Vorjahr. Spitzenverdiener ist nach Berechnungen der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann. Seine Bezüge summierten sich 2006 zu 13,2 Millionen Euro. Wir müssen ständig den Gürtel enger schnallen, damit sich ein paar Vielfrasse ordentlich den Wanst vollschlagen können?

16.8.07

Goldener Handschlag

Das "Rund'rum-Sorglos-Paket" für Utz Claasen, das der scheidende Vorstandschef des Energieversorgers EnBW erhält, enthält laut Bericht im Handelblatt angeblich jährliche Bezüge in Höhe von knapp 400.000 Euro. Lebenslang! Damit lässt es sich gewiß gut leben. Claasen ist 44 Jahre alt und verlässt das Unternehmen nach eigener Darstellung freiwillig vor Ablauf seines Vertrags. EnBW-Aufsichtsratschef Hoffmann bezeichnet die Zahlungen als "nicht marktunüblich".

10.8.07

Hände weg vom Streikrecht

Die brisante Frage wird vielmehr sein, ob in einem Unternehmen gleich mehrere Gewerkschaften für ein und dieselbe Gruppe von Beschäftigten einen Tarifvertrag abschließen dürfen - und dafür dann auch jeweils ein Streikrecht haben(aus der FTD).

Jahrelang überschlugen sich Arbeitgebervertreter und Politiker aus CDU/CSU und FDP nahezu mit Forderungen die üblichen Flächentarifverträge zu schleifen. Nun, wo kleinere Gruppen ihre Interessen effektiv vertreten, ist es ihnen auch wieder nicht recht und man legt mit einem wahren Gerichtstourismus und unterstützt durch eine fragwürdige Richterentscheidung am Nürnberger Arbeitsgericht, die Hand an das Grundrecht auf Streik. Der DGB-Vorsitzende Michael Sommer sagt dazu: Hände weg vom Streikrecht.
GG 9 (3): Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

27.7.07

Staatsfernsehen

Am 26.07.2007 sendete der NDR in der Sendung Panorama einen Beitrag zu Oskar Lafontaine. Aufmacher:
Verdrehen und verschweigen - der Politikstil des Oskar Lafontaine
Er ist ein guter Redner, kann Menschen begeistern und treibt als Vorsitzender der Linkspartei die Sozialdemokraten mit Freuden vor sich her. Oskar Lafontaine. Doch wie glaubwürdig ist der Politiker, der dem kleinen Mann alles verspricht und den Sozialismus als Lösung aller Probleme propagiert? Was ist dran an seinen großen Worten, wenn er den Papst indirekt als Kronzeugen für den Sozialismus benutzt? Oder wenn er eine OECD-Studie verdreht, um Kurt Beck vorzuwerfen, Deutschland habe von allen Industriestaaten die größte Altersarmut? Oder wenn er immer wieder betont, die rot-grüne Regierung habe die Außenpolitik militarisiert - einer der Hauptgründe für seinen Rücktritt 1999.

Verdrehen, verschweigen, auf dem linken Auge blind: Panorama über den Demagogen Oskar Lafontaine.

Die Parteien müssen viel Angst vor den Linken haben, dass sie sich schon jetzt der Kamarilla in den Sendern bedienen um Linkspartei-Bashing zu betreiben. Mit aus dem Zusammenhang gerisssenen Zitaten versuchte der NDR-Sprecher Lafontaine nachzuweisen, dass dessen angeblicher oder tatsächlicher Populismus auf aus dem Zusammenhang gerissen Zitaten beruht. Hauptzeuge für die von Lafontaine ausgehende Gefahr war der Chefredakteurs Weimer des Zeitgeistmagazin Cicero, das in der aktuellen Ausgabe des Blattes ein denkwürdiges Interview mit Oskar Lafontaine veröffentlicht. Dies Interview zeigt vor allem den eklatanten Mangel an Argumenten von Weimer, so dass er gegenüber dem Politprofi Lafontaine ziemlich dumm dasteht. Zeitgeist á la Cicero.