Seitenhiebe

5.1.06

Scheinheilige Empfehlungen

Hamburgs CDU-Bürgermeister Ole von Beust warnt den Staat im FTD-Interview vor bedingungsloser Privatisierung.
"Wo der Staat Einfluss hat, sollte er den behalten oder sich Investoren suchen, die standortpatriotisch handeln. Eine bedingungsfreie Privatisierung von bisher staatlich wahrgenommenen Dienstleistungen oder von staatlichem Eigentum halte ich für falsch."

Der Senat der Stadt Hamburg hat unter der Führung von Beusts allerdings das genaue Gegenteil von dem getan, was der CDU-Politiker nun für falsch erklärt. So wurden die Strom- und die Gasversorgung an Vattenfall bzw. E.on verkauft. Beim Verkauf der städtischen Krankenhäuser setzte sich die Landesregierung sogar über einen Volksentscheid hinweg und bekam dafür das Plazet des Verfassungsgerichtes. Die Meinung des Souveräns gilt halt nicht sonderlich viel im CDU-Staat.

Auch die aktuellen Planungen lassen nicht vermuten, dass von Beust die bisherige Ausverkaufspolitik ändern will. Zum Ende des Jahres 2005 wurde bekannt, dass Hamburg die Mehrheit der Hafenbetriebe HHLA und des Nahverkehrs (HHA) an die Deutsche Bundesbahn verkaufen will. Im Gegenzug sollte die Konzernzentrale der Bahn von Berlin nach Hamburg verlagert werden. Dieses Vorhaben ist ziemlich umstritten und wurde durch politische Intervention vorerst gestoppt. Das Vattenfall, E.on oder die Bahn sich jemals "standortpatriotisch" verhalten würden, nimmt wohl auch im CDU-Senat keiner ernsthaft an. Der Finanzsenator Peiner hatte die Verkäufe der Energiesparten vor Jahresfrist noch als Fehler bezeichnet. Heute verteidigt er die weiteren Verkaufspläne in einem kleinen Medienkrieg mit angeblichen Bedenkenträgern in Politik und Wirtschaft.