Seitenhiebe

14.12.05

EU-Parlament auf Big Brother Kurs

Die Abgeordneten des EU-Parlaments haben heute in Straßburg mit breiter Mehrheit eine EU-Richtlinie verabschiedet, nach der eine flächendeckende Überwachung der Verbindungs- und Standortdaten erfolgt, die beim Telefonieren, SMS, E-Mailen, Websurfen bzw. jedweder Internetnutzung anfallen. Die dabei erhobenen Daten der ca. 450 Mio. EU-Bürger sollen zwischen sechs und 24 Monate lang gespeichert werden. Im Heise-Forum werden in der Diskussion zum Bericht bis auf wenige Ausnahmen fast sämtliche Nutzerbeiträge rot gefärbt. Diese Farbe dient sonst als Zeichen der Ablehnung des Beitrags durch die Nutzer.

Die EU zeigt wieder einmal, dass unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung vor allem die Grundrechte der Bürger geschleift werden sollen. Der heutigen Entscheidung waren zahlreicher Proteste von Datenschützern, Verbraucher- und Wirtschaftsverbänden, Verlegern und Journalistenverbänden vorangegangen. Die Bürgerrechtsorganisation European Digital Rights (EDRI) und andere Initiativen hatten quasi bis zur letzten Minute versucht auf die Entscheidung Einfluß zu nehmen. Nun werden wohl Gerichte darüber befinden, spätestens bei der Umsetzung in nationales Recht, ob man Bürger- und Freiheitsrechte so kassieren kann.

Pikant ist die Entscheidung auch vor dem Hintergrund, dass dem Parlament erst kürzlich im Rahmen der Big Brother Awards 2005 der Positivpreis "Defensor Libertatis" für seine Entscheidung gegen die Patentierbarkeit von Software verliehen worden war.